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Technik statt Vertrauen


Abkehr von US-Anbietern: Kommunikationslösungen für deutsche Behörden
Neben der Verschlüsselung ist die Frage der Souveränität zentral


Von Benjamin Schilz, CEO von Wire

Die andauernden Turbulenzen in den USA seit Amtsantritt von Donald Trump, die konsequente Kürzung von Mitteln für Datenschutz und die Kontrolle staatlicher Überwachungsprogramme verdeutlichen: Wer als Behörde oder Institution höchste Datensicherheit garantieren muss, kann nicht auf US-amerikanische Unternehmen oder deren europäische Töchter setzen.

Für Behörden in Deutschland heißt das: Sie sollten sich nach verlässlichen Alternativen umschauen. Dabei reicht es nicht aus, auf das Etikett "Europa" zu achten oder vagen Versprechen zur Verschlüsselung zu glauben. Entscheidend ist eine transparente, technisch nachvollziehbare Umsetzung, die Datenschutz und sichere Kommunikation tatsächlich garantieren kann. Auf politische Rahmenbedingungen allein sollten sich Verantwortliche nicht verlassen – sie sind zu volatil und können, wie das Beispiel der USA zeigt, rasch kippen.

Neben rechtlichen Aspekten und Sicherheitsanforderungen ist außerdem Bedienungskomfort und eine hohe Usability wichtig für die Akzeptanz bei den eigenen Mitarbeitenden. Nur wenn Lösungen einfach zu bedienen sind und mit gängigen Workflows harmonieren, lassen sie sich nachhaltig in Behördenstrukturen etablieren.

So muss sichere Kommunikation aussehen
Für eine sichere Kommunikation ist Zero-Trust entscheidend. Es setzt technisches Misstrauen gegenüber Geräten, Nutzenden und auch gegenüber der beteiligten Software voraus. Die eingesetzte Technik wird nicht nur einmalig, sondern kontinuierlich überprüft. Dieser Null-Vertrauen-Ansatz reduziert die Angriffsfläche erheblich.

Selbst wenn einzelne Zugangsdaten kompromittiert sind oder bestimmte Komponenten ausfallen, bleibt die Integrität des Systems gewahrt. Das bedeutet in der technischen Ausführung, dass es keine "Vertrauenszonen" mehr gibt ‒ wie etwa den Bereich hinter einer Firewall. Jede Nachricht, jede Datei und jede Sitzung wird permanent verschlüsselt, authentifiziert und überwacht.

Technische Kriterien für eine sichere Kommunikation
Damit Behörden langfristig eine wirklich sichere Kommunikationslösung nutzen können, müssen mehrere technische Prinzipien konsequent umgesetzt werden. Diese lassen sich in drei zentrale Schritte gliedern:

Schritt 1: Sichere Verschlüsselung als Basis
Das Fundament jeder Lösung ist eine konsequente End-to-End-Verschlüsselung, die nicht nur die Kommunikationswege, sondern auch gespeicherte Inhalte vollständig schützt. Nur Sender und Empfänger verfügen über die Schlüssel und selbst der Betreiber der Plattform sollte keinerlei Möglichkeit haben, Nachrichten einzusehen oder zu entschlüsseln. Entscheidend ist außerdem, dass diese Verschlüsselung permanent aktiv ist und nicht abgeschaltet werden kann. Denn sobald Ausnahmen oder optionale Modi existieren – wie etwa bei WhatsApp-Gruppenchats – entstehen unnötige Angriffsflächen. Ergänzend sollten anerkannte Encryption-Standards wie Messaging Layer Security (MLS) eingesetzt werden. Dieses von einer internationalen Arbeitsgruppe der IETF entwickelte Verfahren ermöglicht eine skalierbare und zugleich hochsichere Gruppenkommunikation.

Schritt 2: Transparenz, Unabhängigkeit und Interoperabilität
Neben der Verschlüsselung ist die Frage der Souveränität zentral. Anbieter müssen sicherstellen, dass sie nicht durch Gesetze nichtfreundlicher Staaten – etwa aus den USA, dem Vereinigten Königreich, Russland oder China – zur Herausgabe von Daten gezwungen werden können. Gleichzeitig ist die Einhaltung europäischer Vorgaben wie DSGVO, Data Act und AI Act verpflichtend. Um die Vertrauenswürdigkeit zu untermauern, sollten Unternehmen ihre Implementierungen regelmäßig von externen Sicherheitsspezialisten prüfen lassen. Gerade bei kryptografischen Verfahren können schon kleinste Fehler schwerwiegende Sicherheitslücken nach sich ziehen. Wichtig ist außerdem die konsequente Nutzung offener Standards und Protokolle, um Lock-ins zu vermeiden und die Integration in bestehende Systeme zu erleichtern. Ein wesentlicher Baustein ist auch eine Open-Source-Implementierung: Nur so lassen sich sicherheitskritische Funktionen nachvollziehen, ungewollte Datenabflüsse ausschließen und zugleich flexible Anpassungen an die eigene IT-Landschaft ermöglichen.

Schritt 3: Praxistauglichkeit für den Behördeneinsatz
Für den produktiven Einsatz in Behörden müssen weitere Anforderungen erfüllt sein. Eine Zertifizierung durch offizielle Stellen wie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) liefert die notwendige Sicherheit, dass eine Lösung die hohen Anforderungen im öffentlichen Sektor erfüllt. Darüber hinaus spielt die breite Verfügbarkeit eine Rolle: Lösungen müssen auf allen gängigen Betriebssystemen laufen – von Windows und Linux über macOS bis hin zu mobilen Plattformen wie Android, iOS und iPadOS. Zusätzlich ist ein browserbasierter Zugang wichtig, da er ohne Installation auskommt und die IT-Abteilungen entlastet.

Ausrichtung auf Behörden-Anforderungen
Für Behörden zählt vor allem, dass sich Kommunikationslösungen möglichst nahtlos und einfach in bestehende IT-Landschaften integrieren lassen. Hilfreich sind hierbei nicht nur sauber dokumentierte Schnittstellen. Noch besser ist Open-Source-Software, die die IT selbst an die eigenen Plattformen und Anforderungen anpassen kann.

Zudem sind Freigaben durch weitere Behörden wie beispielsweise das BSI wichtig, damit auch vertrauliche Inhalte über die Plattform ausgetauscht und gespeichert werden dürfen – sei es in Form von Dateien, Chats, Audio-/Videokonferenzen oder gemeinsam bearbeiteten Dokumenten. Eine Teilnahme sollte außerdem ohne die Angabe privater Telefonnummern möglich sein, da im Behördenumfeld nicht immer Diensthandys vorhanden sind.

Referenzen und On-Premises-Betrieb
Neben den rein technischen Aspekten ist es für Behörden außerdem eine gute Guideline zu schauen, wo eine avisierte Lösung eventuell schon bei öffentlichen Trägern wie Kommunen, Kreisen, Bezirks- und Landesregierungen oder Ministerien im Einsatz ist. Die Erfahrungen dort können helfen, die Entscheidung für oder gegen eine Lösung zu treffen.

Über den Autor
Benjamin Schilz ist ein erfahrener internationaler Unternehmer mit einer beeindruckenden Erfolgsbilanz bei der Bereitstellung innovativer Cybersicherheitslösungen. Er gründete Acorus Networks, ein Unternehmen für Cybersicherheit und Cloud-Management mit Sitz in Frankreich, das später mit Volterra fusioniert wurde. Bei Volterra spielte er eine Schlüsselrolle, indem er zusätzliche Investitionen sicherte, den globalen Betrieb sowie die Strategie zur Implementierung im Kundenumfeld leitete und schließlich die Übernahme durch das weltweit tätige Technologieunternehmen F5 aushandelte und abschloss. Anschließend übernahm er dort die Position des Vice President für Infrastruktur und Betrieb. (Wire: ra)

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